Je weiter der Blick - desto freier das Herz!
Der "Gusseiserne Turm" auf dem Hausberg Löbaus ist einmalig in Europa.
Seine gesteckten filigran durchbrochenen Graugussplatten sind eine Meisterleistung der Eisengusskunst des 19. Jahrhunderts.
Bau
Im Jahr 1890 traf sich Löbaus Stadtgemeinderat, um den Um- und Neubau des Restaurationsgebäudes zu beraten. In einen Wettbewerb drei Jahre später unter deutschen und österreichischen Architekten konnten Rudert und Müller mit ihrem Entwurf "Dir mein Löbau, zur Zier" überzeugen.
Nachdem der Stadtrat den Wunsch der Löbauer einen Aussichtsturm zu erschaffen ablehnt, knüpft Bretschneider Bedingungen an das geplante Vorhaben. So billigt man ihm die alleinige Ausführung auf seine Kosten und 15-jährige alleinige uneingeschränkte Nutzung zu. Der eiserne Turm soll nach vorgelegten Zeichnungen vom Eisenhüttenwerk Bernsdorf entstehen. Sein technisches Vorbild ist Paxtons Kristallpalast in London.
Am 12. Januar 1854 beginnt der Turmbau mit der Abholzung des Platzes.
Das Bauwerk soll König Friedrich August von Sachsen gewidmet werden. Der König gibt am 24. Februar 1854 seine Zustimmung, dass der Turm seinen Namen tragen und das sächsische Wappen angebracht werden darf.
Am 18. Mai 1854 - dem 57. Geburtstag des Königs - wird der eiserne Grundanker gesetzt. Mit dem Aufsetzen des Turmes beginnt man am 9. Juni 1854. Am 31. Juli 1854 steht der Turm.
Zur Einweihung hat sich auch der König angesagt. Da er vereist ist, werden die Feierlichkeiten bis auf weiteres verschoben. Am 10. August 1854 verunglückt der König in Tirol jedoch tödlich.
Überschattet von diesem Ereignis findet an drei Festtagen vom 9. bis 11. September 1854 die Einweihung des Turmes statt.
Die tatsächlichen Baukosten betragen 25.000 Taler und liegen damit fünfmal so hoch wie der Kostenvoranschlag. Bretschneider ist somit plötzlich verschuldet und muss Teile seines Grundbesitzes verkaufen.
Friedrich August Bretschneider stirbt am 22. Juli 1863.
Im Jahre 1870 übernimmt die Stadt Löbau den Turm in ihren Besitz.
Der Turm erhält 1875 acht kupferne Orientierungstafeln auf der Brüstung der obersten Aussichtsplattform.
Im Jahr 1964 erfolgen die ersten Sanierungsarbeiten. Außer über 300 neu gegossenen Einzelteilen wird auch der Anstrich und die Vergoldung erneuert.
Ab Herbst 1983 ist der Turm für Besichtigungen gesperrt.
Im April 1985 startet eine erneute Rettungsaktion für den Turm. Es werden bei drei, neun, 15 und 21 Meter Höhe Ringe aus Flachstahl angebracht. Dem Anbringen der "Bauchbinden" folgen weitere Arbeiten im Innern. Zum Feiertag am 8. Mai 1985 ist wieder eine Turmbesteigung möglich.
Im Februar 1992 wird der Turm aus Sicherheitsgründen erneut für Besucher gesperrt.
Mit einem vollständigen Ab- und Wiederaufbau wird der Turm 1993/1994 rekonstruiert. Die Demontage beginnt am 9. September 1993 und ist am 3. November 1993 vollendet. Nach dem Gießen von neuen Trittplatten, tragenden Gussteilen und der Hälfte der Treppenstufen beginnen die Montagearbeiten am 1. Juni 1994. Die großen Wandplatten werden restauriert und wieder eingesetzt.
Seit 1994 findet jährlich im August das Turmfest statt.
Am 9. September 1994 zum 140. Jahrestag der Einweihung findet die feierliche Wiedereröffnung des Gusseisernen Turmes statt.
Die Schrift anlässlich der Wiedereröffnung des Turmes enthält Informationen zur Geschichte, Besucherzahlen im 19. Jahrhundert, Turmeigenheiten und technischen Entdeckungen während der Rekonstruktion sowie dem Bemühen, den Wiederaufbau so originalgetreu wie möglich zu gestalten. Ferner werden die beteiligten Firmen aufgelistet und den vielen Spendern und Sponsoren ein gebührender Platz eingeräumt.
(Redaktion der Schrift: Ulrich Pilz unter Verwendung von Archivmaterial des Stadtmuseums Löbau)
Am 29. April 2004 starten vom Altmarkt in Löbau 2000 Luftballons mit Postkarten, die das Motiv des Gusseisernen Turmes zeigen und auf den 150. Geburtstag des König-Friedrich-August-Turmes hinweisen. Einem Absender der zurückgesandten Karten winkt eine Ballonfahrt über Löbau.
Zum 150. Turmjubiläum am 9. September 2004 führt ein Festumzug vom Bretschneider-Haus auf dem Altmarkt hinauf zum Löbauer Berg. Die Stadträte erscheinen im Gedenken an den Erbauer in historischen Gewändern. Am Fuße des Gusseisernen Turmes findet die erste öffentliche und die konstituierende Sitzung des neugewählten Stadtrates statt.
Technische Daten
Verwendet wurden über 1.000 Einzelteile mit einem Gewicht von 70.000 kg. Die Teile sind zusammengesteckt und mit Blei aufgefüllt (verschlagen).
Höhe: | 28 m | |
Durchmesser: | 4 m | |
Sonstiges: |
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Je weiter der Blick - desto freier das Herz!
Spruch des Erbauers Bäckermeister Friedrich August Bretschneider dem Mann, der Löbau ein Wahrzeichen schenkte.
Aufstieg
… auf geht’s
... wir steigen hinauf
Den ersten zaghaften Blicken durch die Eisenkonstruktion des Turmes folgt ein wunderbarer Rundumblick auf den einzelnen Aussichtsplattformen.
JE WEITER DER BLICK - DESTO FREIER DAS HERZ
Der 158 Meter hohe Betonsendemast wurde 1988 mit einigen Abstrichen in Betrieb genommen, richtig dann 1992. Zuvor stand ein stählernder Sendeturm auf dem Schafberg. Der Sendeturm erfüllt heute Funktionen für den Fernseh- und UKW-Rundfunk, den Richtfunk und den Mobilfunk.
Bretschneider
Friedrich August Bretschneider heiratete am 05.08.1828 Erdmuthe Gottliebe Schmidt, Tochter eines Löbauer Bäckermeisters und übernahm dessen Bäckerei am Altmarkt.
Er sprach am 28.11.1853 beim Bürgermeister vor. Bretschneider machte den Vorschlag, den Turm, den sich die Löbauer Bürger seit 1851 wünschten und dessen Idee im Stadtrat wegen Uneinigkeit und fehlenden Finanzen scheiterte, zu finanzieren.
Die Bedingungen Bretschneiders wurden akzeptiert, so dass der Turm 1854 planmäßig errichtet werden konnte.
Bretschneider war ein Enthusiast, der auch privat dem Motto des Turmes "Je weiter der Blick, desto freier das Herz" folgte. Sein selbstloses Handeln trieb in fast in den Ruin.
Da die Gesamtkosten des Turmbaues den Kostenvoranschlag enorm überstiegen, hatte Bretschneider große Schulden bei der Stadt gemacht. Er musste deshalb viel von seinem Grundbesitz opfern.
Den Wiederaufbau seines Hauses am Altmarkt, das niedergebrannt war, erlebte Bretschneider nicht mehr. Er starb 1863.
Bis 1865 wurde die Restauration vom Sohn Bretschneiders bewirtschaftet. Im Jahre 1870 übernahm die Stadt den Turm. Sie entschädigte die Erben Bretschneiders mit 2.000 Talern und zahlte eine 10-jährige Rente von 100 Talern an die Witwe des Turmerbauers.
Quelle: Löbauer Journal, Heft 9, 1999
Herausgeber: Löbauer Museumsgesellschaft e. V.
Am 13. Februar 2005 war der 200. Geburtstag von Friedrich August Bretschneider. Die Stadt Löbau bereitete dem Erbauer des Gusseisernen Turmes an seinem Grab ein würdiges Gedenken.